André Lindhorst
Maikäfer flieg!
Christoph Rihs Arbeit Maikäfer flieg! (1998) ist als ein Diskussionsbeitrag zum Thema Toleranz-Intoleranz entstanden. Die achtteilige Installation war Teil des Ausstellungsprojektes „Neue Impulse für die Toleranz“ in Osnabrück, eine von mehreren Veranstaltungen zum 350. Jahrestag des Westfälischen Friedens.
Das Ende des Deißigjährgen Krieges – in Münster und Osnabrück ausgehandelt – gilt als die Geburtsstunde des modernen Europa.
Die Installation besteht aus acht als Kreisel ausgeformten Skulpturen, in deren Außenmantel die Namen blutiger Gefechtsschauplätze des 30jährigen Krieges (z.B. Schlacht bei Wolgast 1628, Schlacht bei Breitenfeld 1630, Schlacht bei Lützen 1632) eingeprägt sind. Im Inneren der metallenen, glatten Kreiselkörper sind dagegen Panoramafotos angebracht, die Christoph Rihs Im Jahr 1998 an den Originalschauplätzen aufgenommen hat. Die Fotos idyllischer Landschaften lassen ohne Gedächtnisarbeit kaum mehr ahnen, was sich dort vor rund 370 Jahren abgespielt hat.
Maikäfer flieg! von Christoph Rihs leistet Erinnerung an das Würgen und Morden auf irritierend vielschichtige Weise. Rihs’ Stahlobjekte, übergroßen Spielzeugkreiseln ähnlich, dekorieren an den Innenseiten der Kreistrommeln Fotosequenzen friedlicher Landschaften. Außen lokalisieren Ortsnamen die bunten Fotos. Wie beim kindlichen Kreiselspiel wirbeln die Objekte Gegenwart und Geschichte umeinander. Dazu der Titel der Installation, der erste Vers des wohl trostlosesten Kinderliedes aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Längst vergessen beim Singsang des Liedes ist, daß einst der Maikäfer als Bote ins Jenseits galt. In den Versen ist er Bote zu den toten Eltern. Rihs Kombination von Kinderlied und Spielzeugkreisel, unbeschwerten Fotos und blutigen Ortsnamen mischt so verschiedene Bewußtseinsschichten zu irritierend sinnlicher Einheit.
Über das Zeichen des Kreisels, der in der Kunst auch als ein Symbol stereotyp sich wiederholender Ereignisse gilt, hat sich Christoph Rihs auf herausragende Themen des Osnabrücker Gedenkjahres bezogen: Krieg und Frieden, Toleranz und Gewalt, Erinnerung und Gegenwart sowie auf das entgegen allen eindringlichen Erfahrungen bis heute anhaltende Aggressionsverhalten von Menschen, auf das Kriegselend und auf traumatische Erfahrungen von Flucht und Verfolgung in vielen Teilen der Welt, ja selbst im modernen Europa.
In Maikäfer flieg! klingt nicht nur die Frage „Warum heute noch?“ an, sondern auch die pessimistische Erkenntnis, daß der moderne Mensch bereit ist, Aggressionen und Kriege als unabänderliche Bestandteile einer Existenz zu akzeptieren. Der geschichtlichen Erfahrung wird kaum mehr Bedeutung beigemessen.
Maikäfer flieg!
Christoph Rihs Arbeit Maikäfer flieg! (1998) ist als ein Diskussionsbeitrag zum Thema Toleranz-Intoleranz entstanden. Die achtteilige Installation war Teil des Ausstellungsprojektes „Neue Impulse für die Toleranz“ in Osnabrück, eine von mehreren Veranstaltungen zum 350. Jahrestag des Westfälischen Friedens.
Das Ende des Deißigjährgen Krieges – in Münster und Osnabrück ausgehandelt – gilt als die Geburtsstunde des modernen Europa.
Die Installation besteht aus acht als Kreisel ausgeformten Skulpturen, in deren Außenmantel die Namen blutiger Gefechtsschauplätze des 30jährigen Krieges (z.B. Schlacht bei Wolgast 1628, Schlacht bei Breitenfeld 1630, Schlacht bei Lützen 1632) eingeprägt sind. Im Inneren der metallenen, glatten Kreiselkörper sind dagegen Panoramafotos angebracht, die Christoph Rihs Im Jahr 1998 an den Originalschauplätzen aufgenommen hat. Die Fotos idyllischer Landschaften lassen ohne Gedächtnisarbeit kaum mehr ahnen, was sich dort vor rund 370 Jahren abgespielt hat.
Maikäfer flieg! von Christoph Rihs leistet Erinnerung an das Würgen und Morden auf irritierend vielschichtige Weise. Rihs’ Stahlobjekte, übergroßen Spielzeugkreiseln ähnlich, dekorieren an den Innenseiten der Kreistrommeln Fotosequenzen friedlicher Landschaften. Außen lokalisieren Ortsnamen die bunten Fotos. Wie beim kindlichen Kreiselspiel wirbeln die Objekte Gegenwart und Geschichte umeinander. Dazu der Titel der Installation, der erste Vers des wohl trostlosesten Kinderliedes aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Längst vergessen beim Singsang des Liedes ist, daß einst der Maikäfer als Bote ins Jenseits galt. In den Versen ist er Bote zu den toten Eltern. Rihs Kombination von Kinderlied und Spielzeugkreisel, unbeschwerten Fotos und blutigen Ortsnamen mischt so verschiedene Bewußtseinsschichten zu irritierend sinnlicher Einheit.
Über das Zeichen des Kreisels, der in der Kunst auch als ein Symbol stereotyp sich wiederholender Ereignisse gilt, hat sich Christoph Rihs auf herausragende Themen des Osnabrücker Gedenkjahres bezogen: Krieg und Frieden, Toleranz und Gewalt, Erinnerung und Gegenwart sowie auf das entgegen allen eindringlichen Erfahrungen bis heute anhaltende Aggressionsverhalten von Menschen, auf das Kriegselend und auf traumatische Erfahrungen von Flucht und Verfolgung in vielen Teilen der Welt, ja selbst im modernen Europa.
In Maikäfer flieg! klingt nicht nur die Frage „Warum heute noch?“ an, sondern auch die pessimistische Erkenntnis, daß der moderne Mensch bereit ist, Aggressionen und Kriege als unabänderliche Bestandteile einer Existenz zu akzeptieren. Der geschichtlichen Erfahrung wird kaum mehr Bedeutung beigemessen.