Christoph Rihs - Rede anlässlich der Eröffnung "Jetzt Kunst No.5", Marzili Bern:
"Sprachrohr"
Vor einem Jahr stolperte ich über ein Foto von Francis Jehl aus dem Jahr 1936. Darauf demonstriert er ein Instrument von Thomas Edisons, das später - verändert - unter dem Namen Megaphone bekannt wurde: Edisons Apparatur bestand aus insgesamt drei Trichtern, von denen zwei in Schläuchen mündeten, die der Nutzer sich an die Ohren hielt, während er in das dritte kleinere Rohr vor seinem Munde sprechen konnte.
Thomas Edisons' Idee aus dem späten 19.Jhd sollte sowohl die Hörfähigkeit wie auch die Meinungsäusserung verstärken.
Am Rande bemerkt ist es aber eine Verfeinerung der Idee, die lange vor ihm bereits Material und Form gefunden hatte.
Für mich bemerkenswert sind jedoch seine Sicht, dass beiden menschlichen Akkustik -Organen mit einer Verstärkung geholfen werden kann.
Die Weiterentwicklung seiner Apparatur zeigt meines Erachtens fast symptomatisch wie wir heute mit Welt umgehen: Das Verstärken der Stimme empfand man als wichtig, das Mitteilen der eigenen Meinung musste verstärkt werden; der Konterpart hingegen, das Hören, wurde abgetrennt und der anderen Partei übertagen.
Im übertragenen Sinne ist das Sprachrohr ein Organ, welches die Meinungen und Wünsche einer Person oder Gruppe nach außen hin vertritt.
Sprechen zur Eröffnung einer Ausstellung im Regelfall der Politiker, der Organisator und der Kurator der Austellung, so äussern sich die Kunstschaffenden in Arbeiten, aber selten in Worten - oft sehen sie ihren Beitrag ja in Bild oder Material bereits vertreten.
Bin ich also, als einer der Künstler von Jury wie Ausstellung, Sprachrohr, Megaphon, Verstärkung, so will ich ihnen kurz die Ausstellung aus der Sicht der Künstler beleuchten:
Künstler zu sein heisst für mich sich jeden Tag neu zu erfinden; es heisst, sich nicht zurück zu lehnen und auszuruhen, oder repetitiv Arbeiten erneut zu bauen oder zu malen, sondern jeden Tag den Finger dorthin zu drücken wo es weh tut, es heisst die Arbeit nicht zu verbreitern, sondern neu zu entwickeln; zu entdecken was wir noch nicht kennen, sich auf das Glatteis begeben und willentlich den Einbruch und das Versinken zuzulassen. Es heisst sich selbst zu motivieren, es heisst sich vor allem selbst zuzuhören bevor man eine eigene und neue Antwort entwickelt; die, die sich dann in einer neuen künstlerischen Arbeit manifestiert.
Gestaltungswille, meines Erachtens, ist der Antrieb die eigenen Gedanken in Material umzusetzen, sie in eine Form zu bringen, von der wir gerne behaupten sie sei persönlicher Ausdruck des eigenen Denkens oder Seins.
Der Gestaltungswille unterscheidet uns von der Repetition, der wiederkehrenden Tätigkeiten eines Handwerks, der Gestaltungswille führt fast automatisch zu Unikat oder Prototypenreihen und steht nicht der Gestaltungswille vielfach auch dem Vermarktungswillen gegenüber?
in dieser Ausstellung kommt die Wahl der Ausstellenden nicht durch einen Kurator zustande. Die Arbeiten werden nicht mit dem Bild oder Idee einer Gesamtschau zusammengetragen.
In unserem Fall werden die ausstellenden Künstler auf Vorschlag von ebenfalls teilnehmenden Künstlern eingeladen.
Die eingeladenen Künstler werden gebeten Arbeiten zu diesem Ort, zu dieser Situation und zu dieser Geschichte des Ortes zu schaffen.
Dies heisst explizit: Jeder der Künstler hat sich auf das Experiment eingelassen, nicht zu wissen wie seine Arbeit hier wird, wirkt, nicht zu wissen was seine Arbeit bewirkt, nicht zu wissen ob er oder sie hier auch eventuell scheitert.
Und die Kunstschaffenden haben ihre Arbeiten selbst finanziert.
Ich möchte dies hier so deutlich unterstreichen, weil ich es nicht für selbstverständlich halte.
Ich möchte, dass Sie, liebe Zuschauer, sich bei ihrem Rundgang bewusst sind, dass die Künstler diese Ausstellung bezahlt haben!
Sie haben dies gerne getan, mit Ueberzeugung, mit Lust und mit Freude.
Und ich wünschte mir Sie als Zuschauer werden es nicht vergessen!
"Sprachrohr"
Vor einem Jahr stolperte ich über ein Foto von Francis Jehl aus dem Jahr 1936. Darauf demonstriert er ein Instrument von Thomas Edisons, das später - verändert - unter dem Namen Megaphone bekannt wurde: Edisons Apparatur bestand aus insgesamt drei Trichtern, von denen zwei in Schläuchen mündeten, die der Nutzer sich an die Ohren hielt, während er in das dritte kleinere Rohr vor seinem Munde sprechen konnte.
Thomas Edisons' Idee aus dem späten 19.Jhd sollte sowohl die Hörfähigkeit wie auch die Meinungsäusserung verstärken.
Am Rande bemerkt ist es aber eine Verfeinerung der Idee, die lange vor ihm bereits Material und Form gefunden hatte.
Für mich bemerkenswert sind jedoch seine Sicht, dass beiden menschlichen Akkustik -Organen mit einer Verstärkung geholfen werden kann.
Die Weiterentwicklung seiner Apparatur zeigt meines Erachtens fast symptomatisch wie wir heute mit Welt umgehen: Das Verstärken der Stimme empfand man als wichtig, das Mitteilen der eigenen Meinung musste verstärkt werden; der Konterpart hingegen, das Hören, wurde abgetrennt und der anderen Partei übertagen.
Im übertragenen Sinne ist das Sprachrohr ein Organ, welches die Meinungen und Wünsche einer Person oder Gruppe nach außen hin vertritt.
Sprechen zur Eröffnung einer Ausstellung im Regelfall der Politiker, der Organisator und der Kurator der Austellung, so äussern sich die Kunstschaffenden in Arbeiten, aber selten in Worten - oft sehen sie ihren Beitrag ja in Bild oder Material bereits vertreten.
Bin ich also, als einer der Künstler von Jury wie Ausstellung, Sprachrohr, Megaphon, Verstärkung, so will ich ihnen kurz die Ausstellung aus der Sicht der Künstler beleuchten:
Künstler zu sein heisst für mich sich jeden Tag neu zu erfinden; es heisst, sich nicht zurück zu lehnen und auszuruhen, oder repetitiv Arbeiten erneut zu bauen oder zu malen, sondern jeden Tag den Finger dorthin zu drücken wo es weh tut, es heisst die Arbeit nicht zu verbreitern, sondern neu zu entwickeln; zu entdecken was wir noch nicht kennen, sich auf das Glatteis begeben und willentlich den Einbruch und das Versinken zuzulassen. Es heisst sich selbst zu motivieren, es heisst sich vor allem selbst zuzuhören bevor man eine eigene und neue Antwort entwickelt; die, die sich dann in einer neuen künstlerischen Arbeit manifestiert.
Gestaltungswille, meines Erachtens, ist der Antrieb die eigenen Gedanken in Material umzusetzen, sie in eine Form zu bringen, von der wir gerne behaupten sie sei persönlicher Ausdruck des eigenen Denkens oder Seins.
Der Gestaltungswille unterscheidet uns von der Repetition, der wiederkehrenden Tätigkeiten eines Handwerks, der Gestaltungswille führt fast automatisch zu Unikat oder Prototypenreihen und steht nicht der Gestaltungswille vielfach auch dem Vermarktungswillen gegenüber?
in dieser Ausstellung kommt die Wahl der Ausstellenden nicht durch einen Kurator zustande. Die Arbeiten werden nicht mit dem Bild oder Idee einer Gesamtschau zusammengetragen.
In unserem Fall werden die ausstellenden Künstler auf Vorschlag von ebenfalls teilnehmenden Künstlern eingeladen.
Die eingeladenen Künstler werden gebeten Arbeiten zu diesem Ort, zu dieser Situation und zu dieser Geschichte des Ortes zu schaffen.
Dies heisst explizit: Jeder der Künstler hat sich auf das Experiment eingelassen, nicht zu wissen wie seine Arbeit hier wird, wirkt, nicht zu wissen was seine Arbeit bewirkt, nicht zu wissen ob er oder sie hier auch eventuell scheitert.
Und die Kunstschaffenden haben ihre Arbeiten selbst finanziert.
Ich möchte dies hier so deutlich unterstreichen, weil ich es nicht für selbstverständlich halte.
Ich möchte, dass Sie, liebe Zuschauer, sich bei ihrem Rundgang bewusst sind, dass die Künstler diese Ausstellung bezahlt haben!
Sie haben dies gerne getan, mit Ueberzeugung, mit Lust und mit Freude.
Und ich wünschte mir Sie als Zuschauer werden es nicht vergessen!